Radsportverein feiert 110-jähriges Bestehen„Bergeslust“ Leeden im Zeichen radelnder Zeitensprünge

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Leeden –
Es war noch die Zeit des Deutschen Kaiserreiches, als sich in Leeden stolze Besitzer eines „Fahrrads“ zusammenschlossen, um auf ihren Drahteseln in sonntäglichen Gemeinschaftsausflügen die pittoresken Höhen des Teutoburger Waldes zu erkunden. Die Wiedererfindung des luftgefüllten Reifens durch den britischen Tierarzt John Boyd Dunlop erleichterte den unternehmungslustigen Zeitgenossen diese Streifzüge. Das neue Lebensgefühl mag der Anlass gewesen sein, dass sich im Jahr 1910 der Radsportverein „Bergeslust“ Leeden gründete. In diesem Jahr blickt der Club auf sein 110-jähriges Bestehen zurück.
Von Mario Wallenhorst

Fester Bestandteil in der heimischen Sportlandschaft ist der Radsportverein „Bergeslust“ Leeden (RBL), der in diesem Jahr sein 110-jähriges Bestehen feiert. Die Pflege der Leibesübungen, insbesondere des Radsports, setzte sich der RBL in seinem Gründungsjahr 1910 zum Ziel.

Die jungen Männer der ersten Stunde waren schon damals stolze Fahrradbesitzer. Sie traten durch sonntägliche Gemeinschaftsfahrten an die Öffentlichkeit. Den sogenannten Wanderfahrten folgten kurze Zeit später Korsofahrten mit buntgeschmückten Rädern. Aus diesen Korsofahrten entwickelte sich das Reigenfahren mit Sechser- und Achter-Mannschaften.

Das erste Kunstrad (eine „feine“ Saalmaschine) wurde beim RBL 1925 angeschafft. Der Radball hielt fünf Jahre später Einzug in den Verein. Schon damals trainierte man auf dem großen Saal der Gastwirtschaft Schwermann. Er stand auch im Mittelpunkt, als 1960 das große 50-jährige Jubiläum gefeiert wurde. In diesen Jahren gab es in allen Disziplinen durch gesunden Optimismus und eiserne Ausdauer eine spürbare Belebung. Ende der 1960-er Jahre gewann der Radsportverein Leeden dreimal hintereinander den „ Alfred Dietz Wanderpokal“ für die beste Breitenarbeit in Nordrhein-Westfalen.

Von 1969 bis 1972 mussten die Sportlerinnen und Sportler außerhalb von Leeden trainieren, um anschließend in die neue Turnhalle am Stift einziehen zu dürfen. Zeitgleich begann die Ära des legendären LIMA-Goldpokals. Über 40 Jahre läuft nun schon die hochkarätige Hallenradsportveranstaltung mit internationalen Spitzenmannschaften. Seit 2014 geht es um den von den Amazonen-Werke unterstützten Amazone-Cup. Mehrfach wurde von diesem Ereignis auch im Hörfunk und Fernsehen berichtet.

In der langen Erfolgshistorie sind einige prominente Namen aus dem internationalen Radball vertreten. So trugen sich neben den Weltmeistern aus Hameln (Latzel/Hormann, 1996) und den mehrfachen Deutschlandpokalsiegern aus Münster (Wille/Sattler, 1997 bis 1999) auch die WM-Teilnehmer aus Tschechien, der Schweiz, Frankreich und Belgien in die Siegerliste ein.

Gleich zehn Mal nutzten die Leedener Radballer ihren Heimvorteil, indem sie sich gegen die starke Konkurrenz durchsetzten. Kein Wunder, denn seit mehr als 40 Jahren ist der heimische Radsportverein fester Bestandteil der 2. Radball-Bundesliga. 1974 und 1980 war man sogar Mitglied in der 1. Bundesliga und gehört so den absoluten Spitzenteams in Deutschland.

Die Reigen- und Kunstfahrerinnen haben stets durch gute Platzierungen auf Bezirksebene geglänzt. Seit 1980/81 ist ein weiterer Aufwärtstrend zu verzeichnen, da auch bei Landesmeisterschaften und Nordwestdeutschen Meisterschaften RBL-Sportlerinnen und Sportler am Start waren. Das 75-jährige Jubiläum vom 5. bis 9. Juni 1985 war ein weiterer Meilenstein in der Vereinsgeschichte.

Bei der Trimmbewegung hat der Radsportverein mit dem bekannten Volksradfahren seit 1971 kontinuierlich mitgemacht. Sogar eine Musikgruppe in den 30er Jahren und eine kleine Tanzkapelle in den 50er Jahren führte das RBL-Emblem. Von 1993 bis 1999 gab es im Verein auch eine Harmonika-Gruppe. Sie trat beim „Sommerfest der Volksmusik“ auf, welches alljährlich stattfand.

Mittelpunkt des Vereinslebens ist seit 1983 das RBL-Clubhaus, das unter der Regie des damaligen Vereinsvorsitzenden Friedhelm Lindemann erbaut wurde. Seitdem wird das Haus immer wieder mit regem Leben erfüllt, wobei viele fleißige Hände mit ihrem unermüdlichen Einsatz die Geschicke führen und so die Basis für einen auch wirtschaftlich erfolgreichen Verein legen. Denn durch die Vermietung der Räume an Gesellschaften ist das Clubhaus als „größter Sponsor“ des Vereins maßgeblich mit dafür verantwortlich, dass die kostspieligen Hallenradsportarten im Stiftsdorf angeboten werden können.

Erstklassige Sporterfolge, insbesondere im Nachwuchsbereich, prägen das Vereinsbild in jüngster Zeit. Die Radball-Schüler-, -Jugend- und -Juniorenspieler waren bei zahlreichen Deutschen Meisterschaften am Start. Und auch das Einradfahren erfuhr einen ungeahnten Höhenflug. In der Juniorenklasse gewannen 1996 die „Bergeslust“-Mädchen überraschend den Deutschen Vizemeistertitel im „Sechser“. 2009 errang der RBL in der gleichen Disziplin erneut den DM-Vizetitel.

Highlight bildete aber das Jahr 2018, als die Fahrgemeinschaft Antrup-Wechte/Leeden im Vierer und Sechser gleich doppelt den Titel Deutscher Meister im Einradsport sicherte.

Auch die jungen Radballer waren sehr erfolgreich. Mit Silbermedaillen zwischen 2002 und 2008 war das Duo Göpfert/Kuhlage national ganz oben dabei. Glanzpunkt war der Deutsche Meistertitel in der Jugendklasse 2006. Auch der seit 2003 ins Leben gerufene internationale Einhorn-Cup für Radballnachwuchsmannschaften ist ein weiterer Beleg für die konsequente Jugendarbeit im Verein.

Im Sommer 2010 fand bei herrlichem Sonnenschein das Vereinsjubiläum anlässlich des 100-jährigen Bestehens statt. Nach einem hochklassigen Radball-Turnier für Bundesliga-Mannschaften und einem öffentlichen Doppelkopfturnier waren das Jubiläumsfest und vor allem der große Umzug mit Empfang auf dem Festplatz Rosenstraße echte Besuchermagnete.

„Leeden ist heute fast komplett angerückt“, staunte damals Festredner Landrat Thomas Kubendorf und zeigte sich beeindruckt. Ulrike Wortmann-Rotthoff lobte an jenem heißen Juni-Sonntag im Jahr 2010 das Miteinander und den beispielhaften Zusammenhalt in der RSV-Familie – Tugenden, die letztlich die großen Erfolge ermöglicht hätten: „In allen Disziplinen, in denen sie groß sind, kommt es auf das Team an“, unterstrich die Pfarrerin in ihren Grußworten. Und Bürgermeister Stefan Streit brachte die glanzvolle Historie auf den Punkt: „1910 ging der Stern des RBL auf“.

Zehn Jahre später ist der Radsportverein weiterhin kräftig in allen Klassen, Disziplinen und Bereichen vertreten. Die Perspektiven für ein gedeihliches Vereinsleben beruhen auf Idealismus und Leistungswillen. Seit mehr als 110 Jahren werden diese Tugenden beim Radsportverein „Bergeslust“ Leeden in beeindruckender Art und Weise gelebt. Die Sportlerinnen und Sportler, Trainerinnen und Trainer sowie die gesamte Mitgliedschaft werden sicher auch in Zukunft diese Tradition erfolgreich weiterführen.

Quelle: Westfälische Nachrichten