St. Hedwig Ausräumen

Ein großes Finale erwartete die vor zwei Wochen profanierte katholische Kirche St. Hedwig am Samstag. Das Gebäude an der Elbinger Straße wird in absehbarer abgerissen werden und Platz für den Bau eines Seniorenzentrums machen. Daher haben Helfer der katholischen Kirchengemeinde Seliger Niels Stensen sowie andere Interessenten an Einrichtungsgegenständen beim großen Auszugstag mit angepackt.
Viele Hände halfen dabei, möglichst nachhaltig viel Inventar zu verteilen: Da kam beispielsweise ein Lengericher, der von der Deckenvertäfelung Holz gebrauchen konnte, um 45 Quadratmeter für den Innenausbau seines Gartenhauses mitzunehmen.
Oder der Reitverein Lengerich montierte die Beleuchtung aus dem Gruppenraum ab. „Die soll künftig in unserem Vereinsheim Licht spenden“, plant Dr. Josef Roters.
Das Sozialkaufhaus in Lengerich kommt in einigen Tagen zur Kirche, um die dort montierte Küche mitsamt Geräten zu übernehmen. Besonders in der aktuellen Zeit kann sie so anderen Menschen noch einen guten Dienst erweisen.
Andreas Finke, dessen Vater maßgeblich am Bau von St. Hedwig beteiligt war, hat vor, so schätzt er, „rund fünfzig Jahren“ aus einer Wagenachse den großen schwarzen Kerzenständer im Altarraum geschmiedet, der Jahr ein Jahr aus der Osterkerze sicheren Halt gab. „Nun kehrt er wieder nach Hause zurück“, freute sich der Rentner.
Ebenfalls nahm Andreas Finke ein Kreuz mit, das die Kirchengemeinde bei Prozessionen oder Beerdigungen genutzt hat. „Das Kreuz stammt von meinem Schwiegervater“, schmunzelt Finke: „Ich habe es damals auf einen alten Besenstiel montiert, damit es getragen werden konnte.“
Die Orgel ging mitsamt Fußpedalen, Sitzbank und Beleuchtung auf Reisen. Sie findet künftig in der Trauerhalle auf dem evangelischen Friedhof im Stiftsdorf Verwendung. Dort soll auch die Kirchenglocke von St. Hedwig nach dem Abbau des Turmes wieder läuten.
Die evangelische Kirchengemeinde stattete ihren Seminarraum an der Stiftskirche mit den 35 Stühlen aus, die in der katholischen Kirche zum Inventar des Gruppenraumes gehörten. Küsterin Andrea Bovenschulte richtete sie gleich zum Sitzkreis für eine Konfirmandenveranstaltung ein und freute sich, dass diese Stühle im Vergleich zu ihren Vorgängern stapelbar seien.
Eine magnetische Whiteboard, ein Gabentisch oder eine kleine Kniebank finden ebenso wie Kaffeegedecke eine neue Bleibe in der evangelischen Kirchengemeinde und konnten von den Auszugshelfern, die sich im Gruppenraum der Hedwigskirche zwischendurch an Getränken, Kuchen und belegten Brötchen stärken konnten, im Stiftshof eingelagert werden. So fuhren mehrere Transporter und Anhänger am Samstag immer wieder in der Elbinger Straße vor.
Besonderer Beliebtheit erfreuten sich die von Mitarbeitern der Firma Reiffenschneider zersägten Kirchenbänke. Einige Gemeindemitglieder nahmen die verkürzten Sitzbänke ebenso mit wie Dr. Gisela Lang. Die stellvertretende Landrätin war beim letzten Gottesdienst in St. Hedwig anwesend und hörte von der Möglichkeit der Übernahme. Nun verstaute sie mit ihrem Sohn die zwei Bankelemente auf einem Anhänger, damit sie auf ihrer Terrasse in Laggenbeck weitere Verwendung finden.
Weitere Bänke können sich Interessenten übrigens von Tischler Michael Patzak auch umbauen lassen. Der ehemaliger Leedener lebt in Lotte und wird auf dem Leedener Weihnachtsmarkt Ende November ein umgestaltetes Bankelement als Muster vorstellen. Ebenfalls fertigt er aus Kirchenbänken von St. Hedwig kleine dekorative Holzengel an, die auf dem Weihnachtsmarkt angeboten werden. Ein Ansichtsexemplar, das 2015 aus Kirchenbänken von Mariä Himmelfahrt Gellenbeck im Nachbarort Hagen am Teutoburger Wald entstanden war, konnte am Samstag bereits beäugt werden.
Die grünen Teppichläufer, die im Mittelgang und im Altarraum ausgelegt waren, sind schon seit einigen Tagen neu verlegt im Musikraum der Teutoburger-Wald-Schule im Stiftsort zu finden. Dort passen sie perfekt hinein und dienen als Schall- und Trittschutz.
Gegenstände, die einmal wieder in der Kapelle des Seniorenwohnheims genutzt werden sollen, kann die katholische Kirchengemeinde bei Elke Auffahrt oder auch im Pfarrhaus Lengerich einlagern. Die Ehrenamtlichen packten etliche Kartons. Neben dem Altarkreuz und dem Tabernakel, der teils in der Kirchenwand eingearbeitet war, ist das auch bei der hölzernen Hedwigsstatue oder bei Blumen- und Kerzenständern der Fall.
Die Beleuchtung des Kirchenraums, 18 Pendelleuchten der Firma Glashütte Limburg, bietet die Kirchengemeinde online bei Ebay Kleinanzeigen an.
Der Altar, in dem auch ein Reliquienstein eingelassen ist, soll ebenfalls in der Kapelle wieder genutzt werden. Zuvor jedoch wird Tischler Thorsten Danebrock ihn verkleinern.
Weitere Veranstaltungen finden in St. Hedwig nun nicht mehr statt. Es bleibt ein kahler Altarraum zurück mit einem altrosafarbenen Kreis an der Wand, vor dem das Kreuz von der Decke hing, und einem viereckigen Loch in der Wand, in dem sich der Tabernakel als Aufbewahrungsort für geweihte Hostien befand.

Quelle: WN, Björn Igelbrink